"Rhönrad in Valencia"-Tagebuch
Last update: September 8, 2002

Irgendwann im Februar: Ich stelle beim Anblick von www.rhoenrad.com fest, dass noch dringend Trainer für den Internationalen Lehrgang in Valencia gesucht werden. Da ich aus den Jahren 1992 (Liestal, Schweiz), 1996 (Aachen, Deutschland) und 1998 (Wolfstein, Deutschland) aus Teilnehmersicht gute Erinnerungen an den Lehrgang habe, beschließe ich, mich zu melden. Also ein mail an Paul geschickt (10. März), auf Anwort gewartet und dann das endgültige Formular ausgefüllt (21.April) und auf endgültige Infos und Pläne gewartet (die kamen dann vom 8.-10. Juli in mehrfacher Ausführung - und waren wie erwartet längst nicht so endgültig wie erhofft;-) Dazwischen habe ich irgendwann Dagmar wegen der Busfahrt kontaktiert und mit ihr ausgehandelt, dass es wohl am sinnvollsten wäre, wenn ich in Metz (Frankreich) in den Bus mit letztem Stop in Aachen zusteige. Von meinem Wohnort (Homburg, Saarland) nur ca. 100 Kilometer entfernt, dank lustiger Straßenverhältnisse sind das aber immerhin 1,5 Stunden Fahrtweg...

Samstag 20. Juli: Leichtes Chaos schon vor der Abfahrt (beim Betrachten der endlich im Internet gefundenen Stadtpläne von Metz): die Abfahrt in Metz, an der ich eingesammelt werden soll, hat doch gar keinen Parkplatz! Also Dagmars Handynummer gewählt und mit dem Busfahrer ausdiskutiert, dass wir dann doch lieber den Rastplatz vor Metz nehmen. So um 15.30 Uhr sollte der Bus da sein. Wir sind dann also Mittags los und waren sehr pünktlich an der Raststätte - die keine war. Also nix mit mehr oder weniger feierlichem Abschiedsessen mit meinem Freund. Immerhin gab es eine Tankstelle mit Shop und Klos und dem Aufräumkommando, das versuchte, den Parkplatz unter all dem Dreck wieder sichtbar zu machen, konnte man auch zukucken, wie schön. Gegen 16 Uhr dann mal den Bus angesmst: so 45 Minuten braucht er noch. Leichte Verschätzung in der Zeitplanung von Aachen bis Metz (5 statt 3 Stunden), das kann ja heiter werden! Na, ja kurz vor 5 war der Buss dann da und nachdem der Fahrer seine Pause hatte ging es um halb 6 dann endlich los;-) Dank der Konstruktion mit Anhänger tuckert das Gefährt also mit Tempo 80 Spanien entgegen.

Sonntag, 21. Juli: Nachdem die ganze Nacht über alle 2 bis 3 Stunden gepaust wurde (komischerweise verstehen die Bediensteten in französischen Raststätten plötzlich Chaos-Französisch;-) und sich die beiden Busse getroffen haben, sind wir morgens gegen 6 Uhr über die Grenze nach Spanien. Mittags sollen wir noch Maria und ihre Söhne in Barcelona abholen, was sich als geringfügig schwierig erweist, da irgendwas mit der Nummerierung der Abfahrten nicht stimmt. Netterweise sitze ich in dem volleren Bus, der dann weiter fährt, während der andere (der sowieso schon länger unterwegs war...) noch 2 Stunden über Barcelonas Autobahnen und durch Barcelona eiert, bis Maria endlich gefunden ist. Wir kommen also gegen 14 Uhr recht problemlos in unserer Unterkunft an. Duschen, nähere Umgebung erkunden, Aushänge schon mal studieren, kucken, wer schon da ist. Gegen 16 Uhr kommt auch der andere Bus: die Flensburger sind begeistert: 37 Stunden im Bus überstanden... Abends dann die ersten Treffen: es sind doch tatsächlich 250 der über 300 Teilnehmer bereits einigermaßen planvoll angekommen - und es gibt jede Menge Pinnwände an die im Laufe der nächsten Tage immer mehr Aushänge, Änderungen, Hinweise kommen... Einige Flugreisende kommen ohne Gepäck an, andere 1-2 Tage später (die kennen dafür nun Hotels, die sie gar nicht kennenlernen wollten;-). Die Krönung sind zwei Damen aus Moldawien, deren Anmeldungen verloren gegangen waren und die sich nun ohne nennenswerten Kenntnisse irgendwelcher westeuropäischen Sprachen durchgeschlagen haben.

Montag, 22. Juli: Die ersten beiden Hallen (FS Luis und Cabanal) kenne ich bereits und abends gibt es einen kleinen Stadtrundgang. Ich gehe in die Gruppe mit dem englischsprachigen Stadtführer, der sich plötzlich vor einem Bauzaun wiederfand und uns erklärte, dass dieser bei seiner letzten Tour noch nicht dagewesen sei... Spätestens nach Janas Ankündigungen auf der Rückfahrt (1 Uhr nachts) beschließe ich, keine Planungen mehr für mehr als 12 Stunden im Vorraus vorzunehmen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits meine Trainerschaft für 2 der 4 Kurse (im Schnitt 2 Einheiten pro Tag musste ein Vollzeittrainer absolvieren) getauscht, es war klar, dass die Politecnico Halle nicht wie zugesagt von 9-22 Uhr sondern nur von 15-20 Uhr zur Verfügung stand und daher etliche Kurse verlegt werden mussten (somit fiel mein eigenes Turnen aus) und zur Halle nach Cabanal mussten wir ab nun mit öffentlichen Verkehrsmitteln (am ersten Tag war noch einer der Reisebusse gefahren).

Dienstag und Mittwoch: Die Tage verlaufen einigermaßen planvoll, es gibt noch keine Verletzten (seeeehr seltsam;-) dafür aber die ersten Unlustanfälle beim Essen: 2 mal Pommes am Tag sind schon recht variationslos - das Frühstück besteht gar ohne jegliche Variationen täglich aus Zwieback, Joghurt und Kaffee. Immerhin habe ich es schon einmal an den Strand geschafft! Und meine Glanzleistung, einen Taschendieb auf der Straßenbahnfahrt dorthin bei der Tat zu erwischen (und mir somit nichts klaunen zu lassen) scheint für die anderen kein sooooo großes Signal zu sein: insgesamt sind im Laufe der Woche wohl so 20 Rucksäcke zumindest zeitweise ganz und zusätzlich 10 Portemonnaies aus irgendwelchen Taschen verschwunden...

Donnerstag, 25. Juli: Heute ist trainingsfreier Tag und ich begebe mich mit auf den Ausflug nach "Terra Mitica", einem Vergnügungspark, der "mythisch" sein soll, weshalb die einzelnen Ecken wie Rom, Griechenland, Ägypten und Iberia vor 2000 Jahren gestaltet sind. Bei Aussteigen betaunen wir erst mal den Nachbarbus bzw. dessen Wachhund... Die große Attraktion des Parks sind Wasserbahnen diverser Variationen. Auf einer dieser kommt mir meine Sonnenbrille abhanden, als sie in dem Pseudobaumstamm in einer Ritze verschwindet. Etwa eine Stunde später steht die ganze Bahn still - ob sie da wieder aufgetaucht ist?;-) Kurz vor Wiederabfahrt will ich mir noch schnell ein bisschen Bargeld holen, um noch ein paar besonders "schicke" Souvenirs für die Lieben Daheim zu kaufen. Der Automat gibt mir zwar brav meine angeforderten 50 Euro - behält aber dafür meine Karte! Dann habe ich also die letzte 3/4 Stunde vor Buswiederabfahrt damit verbracht, einen Parkangestellten zu suchen, der genug Englisch spricht, um mir mitteilen zu können, ob es einen Schlüssel für den Automaten gibt oder ob ich meine Karte abschreiben kann. Letzteres ist der Fall... Auf der Hin- und Rückfahrt (je ca. 2 Stunden) habe ich übrigens mit meine Französischkenntnisse nach 10 Jahren Tiefschlaf wiederbelebt und mich mit dem "Ober-Israeli" Shlomo über Rhönrad, Wehrdienst und McDonald's in Israel zu unterhalten - mit Händen und Füße geht alles;-) Und einen Schlüsselanhänger bekomme ich auch geschenkt.

Freitag, 26. Juli: Ich fahre nachmittags als Zuschauer mit nach Torrent, einem Vorort von Valencia, wo ein paar Rhönradgruppen samt Leighton und den Kanadiern als Auftakt zu irgendeiner (Musik-?) Veranstaltung auftreten.

Samstag, 27. Juli: Abends gehe ich mit den Bergedorfern (meinem ursprünglichen Heimatverein) an den Strand. Da ich dummerweise vergessen habe, mir wärmere Klamotten mitzunehmen, gehe ich aber schon vor dem Feuerwerk wieder zurück (und erfahre unterwegs mehr oder weniger interessante Details aus dem Liebesleben von Janine und Sophia - Heidrun kommt eigentlich kaum zu Wort;-). Das Feuerwerk ließ sich aber auch vom Fenster der Unterkunft aus betrachten...

Sonntag, 28. August: Gestern nacht wurde ein neuer Diebstahlrekord aufgestellt: am Strand wurden doch glatt 9 Rucksäcke allein aus der deutschsprachigen Truppe geklaut! So langsam erscheinen nicht mehr alle zum Training und große Teile der Trainer wie Turner sehen schwer übernächtigt aus. Die Trinkwasserversorgung in den Hallen ist zu meinem Leidwesen auch zusammengebrochen (bei 40 Grad Hitze ziemlich anstrengend). Ich habe mir zu allem Überfluss auch noch irgendein blödes Schulterleiden zugezogen und kann meinen Kopf mittlerweile gar nicht mehr drehen - und nachts gar nicht mehr schlafen;-((( Abends gibt es in der größten Halle (Zitat Paul bei einer seiner Begrüßungsreden: "Die ist fast so groß wie die Dortmunder Westfalenhalle!") die Abschlussgala (Teil1 - Teil2 - Teil3) - besonders viele ausdrücklich eingeladene Einheimische finden den Weg leider nicht, aber uns macht es trotzdem Spaß. Nachts geht die Party wie üblich vor unserer Unterkunft weiter, einer der Rhönrad-Transport-Anhänger wird zur Bühne umfunktioniert. Zuerst gibt es eine Feuerspuckshow von Uwe (das ging ja in der Halle nicht) und später liefern dann die deutschen Trainer eine teilweise verblüffend professionelle Strip-Show ab (die letzen Hüllen blieben zwar an, aber es sah trotzdem nett aus;-) Etwas ulkig war für mich die Tatsache, dass ich die meisten der mittlerweile gut gebauten Twens noch als kleine Spargeltarzan-Schlabber-Jungs kenne (naja: Achus und Johannes haben nie "geschlabbert" und Dirk und Shahin waren schon halbwegs erwachsen, als ich sie kennengelernt habe)...

Montag, 29. Juli: Die letzen Trainingseinheiten werden nur noch mit halber Besetzung gefahren, die Pilgerei zum benachbarten Supermarkt wird noch mal verstärkt und die Reisevorräte werden aufgefrischt. Zur Abschlussparty geht es in eine Minidisco ca. 20 Minuten Fußmarsch. Eine Menge Leute machen die Nacht durch (die ersten müssen schon um 5 Uhr morgens am Flughafen sein!), ich beschließe aber, mich um 3 Uhr zu verabschieden, um wenigstens noch 3 Stunden Schlaf zu kriegen.

Dienstag, 30. Juli: Unsere Busse legen tatsächlich mit nur einer halben Stunde Verspätung um 9 Uhr ab. Es wird sofort ruhig, da alle versuchen zu schlafen. Meine diesbezüglichen Versuche scheitern allerdings leider vollständig, da ich schon nach kürzester Zeit nicht mehr sitzen kann. Ich habe dann schließlich einen größeren Teil der Fahrt stehend auf der Treppe Richtung Klo verbracht... An den Tank- und Raststellen werden unsere Gespanne doch recht aufmerksam betrachtet... Abends holen wir in Valence (Süd-Frankreich) die "Austauschbusfahrer" vom Bahnhof ab (auf der Hinfahrt waren diese ab kurz vor der spanischen Grenze wieder mit dem Auto nach Hause gefahren) und sperren dabei mal eben die komplette Straße für 30 Minuten, aber das stört offensichtlich niemanden... Das nächtliche Abliefern eines Rhönrades, das ein schweizer Verein in Valencia gekauft hatte, an einer Tankstelle nahe an der Schweiz (der deutsche Name des französischen Ortes ist Mühlhausen) scheitert daran, dass die Tankstelle nachts zu ist - war auch ein selten toller Plan... [Weiß jemand, was mit dem Rad passiert ist?!?]

Mittwoch, 31. Juli: Gegen 6 Uhr sind wir in Strassbourg (ach ja: ich habe für die Rückfahrt den Bus gewechselt, da nächtliches Einsammeln dann doch von Deutschland aus einfacher ist), ich krabble zum Fahrer, um ihn auf die A 65 zu lotsen. Gegen 7 Uhr bin ich am "Ziel": die Raststätte zwischen Landau und Neustadt wird zur morgendlichen Rast von 45 Minuten erklärt, ich telefoniere meinen Freund aus dem Bett und freue mich, dass ich den Bus los bin;-) Endlich ein ordentliches Frühstück auf der Raststätte und dann ist mein Chauffeur auch schon da. Zu Hause habe ich dann erst einmal ein Gedenkschläfchen für die Flensburger abgehalten - die noch ein Weilchen im Bus vor sich hatten...